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Wir melden uns wieder zurück und dieses Mal aus dem Herzen von Mexiko-Stadt, dem Zocalo, was so viel wie Sockel bedeutet. Der Platz erhielt seinen Namen, weil die große Pyramide, die an diesem Platz stand bis auf den Sockel abgerissen wurde. Es ist sozusagen das Machtzentrum der Azteken.

Wir verlassen unsere Emma und wissen sie sicher bei Mina abgestellt. In die Stadt bringt uns das Uber Taxi mit unserem Gepäck. Doch was wir nicht wissen, wir landen direkt im überfüllten Stadtmarathon. Dazu kommt noch eine Demonstration für die Unabhängigkeit der Justiz. Das hat zwar seinen Reiz, doch mit Gepäck, abgesperrten Wegen und Zugängen könnt ihr euch sicher das Gedränge gut vorstellen. Wir bugsieren uns suchend durch die fröhliche Masse zu unserem Appartement. Das ist schon einmal eine passende Einstimmung. Unsere Airbnb Unterkunft ist einfach genial, zentrale Lage und mit Blick auf die Kathedrale und den Zocalo, dem Platz der Verfassung. Wir können unser Gepäck abstellen und erkunden schon einmal das Viertel und vor allem die beeindruckende und dominierende Catedral Metropolitana. 1573 hat man mit dem Bau begonnen und in den 240 Jahren Bauphase hat das Gebäude 3 verschiedene Baustile vereinigt: Renaissance, Barock und Churriguerismus (nach einem spanischen Baumeister benannt). Uns hat jedenfalls die vierfache riesige Orgel sehr beeindruckt, die wir auch gerne hören würden. Der Altar de los Reyes ist das Glanzstück der Kirche und blitzt deutlich heraus, doch auch der goldene Altar del Perdon, von 1737 hat für unser Auge ganz sympathisch einen schwarzen Christus am Kreuz. Es sind immer wieder Rettungsaktionen an der Kathedrale nötig, da der Bau durch den weichen Untergrund ständig tiefer sackt. So manche Schräge ist auch für uns deutlich zu erkennen.

Wir entdecken rund um die Kirche die Muscheltänzer. Die „Concheros“ möchten mit den Federkronen und den rasselnden Muschelbändern um die Fußgelenke (Concha= Muschel, daher der Name Conchero) die Kultur und Traditionen des untergegangenen Aztekenreichs wiederbeleben. Ihre Reinigungszeremonien können wir täglich beobachten, wie sie mit Heilkräutern, Rauch und Tönen aus Muscheln Touristen „beeindrucken und rituell reinigen“. Es passt zum Ambiente.

Wir entdecken die Skulptur des letzten Herrschers der Azteken Cuauthemoc. Er leistete kompromisslos Widerstand gegen Hernan Cortes, dem Spanier der Mexiko eroberte und verteidigte Tenochtitlan (Mexiko-Stadt) bis aufs Letzte. Auch das bedeutende Denkmal, das die mexikanische Flagge schmückt ist hier zu finden. Das Wappen beruht nämlich auf einer aztekischen Legende über die Gründung von Tenochtitlan (Mexiko-Stadt). Die herumziehenden Azteken suchten damals nach einem Zeichen, das ihnen den Gründungsort anzeigen soll. Ihr Gott hat ihnen aufgetragen, einen Adler zu finden, der auf einer Kaktee sitzt und eine Schlange verschlingt. Dieser Feigenkaktus sollte auf einem Felsen in einem See wachsen. Nachdem sie zweihundert Jahre gewandert sind, fanden sie das angekündigte Zeichen auf der kleinen Insel Texcoco-See. Und genau hier gründeten sie ihre neue Hauptstadt Tenochtitlan, das heutige Mexiko-Stadt. Endlich wissen wir auch, warum der Adler inmitten der mexikanischen Flagge verewigt ist.

Wir genießen den Blick aus unserem Zimmer auf das belebte Treiben auf dem Platz, mit der beleuchteten Kathedrale, dem Palacio Nacional und den Verwaltungsgebäuden.

Der Blick von unserem Zimmer auf den Zocalo, Plaza de la Constitucion= Platz der Verfassung
Catedral Metropolitana
Altar del Perdon von 1737
Jesus mal ganz anders
Die beeindruckende vierfache Orgel
Die Erinnerung an die Azteken, die den Adler mit der Schlange entdeckt haben. Der Beginn von Mexiko-Stadt!

Am nächsten Tag ziehen wir zu Fuß los und erkunden die naheliegenden Sehenswürdigkeiten. Highlights sind unter anderem auch die Wandmalereien der berühmten Muralisten Diego Rivera und Jose Clemente Orozco. Das Palacio Nacional ist für die Öffentlichkeit aus Sicherheitsgründen leider geschlossen, dort befindet sich Diegos „Mexiko im Laufe der Jahrhunderte“ gleich am Eingang. Dies bleibt uns leider verwehrt. Vielleicht hat jemand von euch die Gelegenheit, sich das Kunstwerk für uns anzusehen. Zweites Ziel ist die Suprema Corte de Justicia, mit unserem Obersten Gerichtshof zu vergleichen. Hier können wir auch Wandmalereien betrachten, doch auch hier wird aus Sicherheitsgründen der Zugang verwehrt. Durch einen sehr freundlichen Touristenführer haben wir allerdings mit unseren Ausweisen einen Termin für den Mittwoch erhalten.

Wir kommen an Straßenzeilen mit Häuserfassaden vorbei, die vom Kolonialismus nur so strotzen, dann befinden sich Fassaden dazwischen, die abbruchreif aussehen wir jedoch Bewohner darin bemerken. Wir gelangen zu einem Juwel der Stadt, dem Casa de los Azulejos, das außen und auch innen vollständig mit blau-weißen Puebla-Kacheln verfliest ist. Es ist ein spanisch-maurischer Baustil von 1596 und gefällt uns sehr gut. Von hier haben wir auch einen herrlichen Blick auf den Palast der Schönen Künste „Palacio de Bella Artes“.

Gegenüber des blauen Kachelhauses liegt das älteste Franziskanerkloster des Landes Ex-Convento San Francisco. Es wurde nur drei Jahre nach dem Fall Tenochtitlans angefangen zu bauen, und zwar im Jahr 1524.

Die Plaza Santo Domingo führt uns ins altspanische Flair. In der Mitte beherrscht ein großer Brunnen den Platz und außen säumen die Stände der „ecribanos“ Schreiber den Rand, die früher den Analphabeten auf ihren Olivettis und Remingtons die Korrespondenz klapperten. Ich habe vergeblich gewartet😉Keiner wollte einen Liebesbrief! Heute sieht man die Kartenverkäufer auf ihren Handys daddeln. Willkommen in der Neuzeit.

Die achtspurige Hauptverkehrsader Paso de la Reforma  ist ein Tummelplatz architektonischer Fantasien mit himmelwärts ragenden Glas- und Stahlkonstruktionen. Diese Straße führt uns zum 36 m hohen „El Angel“- das Monument der Unabhängigkeit- und dieser Platz ist regelmäßiger Treffpunkt für Demonstranten, dann geht hier die Post ab. Wir finden nur Fahrzeuge jeglicher Art vor, die sich um die Säule drängeln.

Einen Abstecher machen wir noch in den Kunsthandwerkermarkt „Mercado de Artesanias la Ciudadela“. Das Angebot ist vielseitig, bunt und gibt einen Eindruck vom landesweiten Angebot an Kunsthandwerk. Wir sind nach einigen Gängen dann doch ziemlich gesättigt und kehren in unser Appartement zurück.

Juwel der Stadt, dem Casa de los Azulejos, das außen und auch innen vollständig mit blau-weißen Puebla-Kacheln ausgefliest ist
Das großzügige Postoffice von innen
Die Kirche Santa Domingo de Guzman nahe am Plaza Santo Domingo
Plaza Santo Domingo im altspanischen Flair
Die Stände der „ecribanos“, den Schreibern, die früher den über 80% Analphabeten Briefe verfassten.
Das Theatergebäude, Palacio de Bellas Artes
Die Müllabfuhr, von Hand wird der Müll von den Arbeitern getrennt
„El Angel“- das Monument der Unabhängigkeit
Kunsthandwerk auf dem Mercado de Artesanias la Circudadela – die Lele in verschiedensten Farben und Größen, ursprünglich aus Amealco, Queretaro

Um lange Wartezeiten zu vermeiden, haben wir die Museumtickets schon online gebucht. Wir tauchen nun komplett ein in die Zeitgeschichte vor der Ankunft Kolumbus bis zur heutigen lebenden indigenen Kultur. Dieses Museum ist das Beste seiner Art. Wir sind sehr beeindruckt und begeistert von dieser 6000 Jahre alten Schatztruhe. Die Sammlung ist sehenswert und bei einem Mexikobesuch sehr zu empfehlen. Schon im Innenhof symbolisiert ein 10m hoher Wasservorhang, auch „el paraguas“ Regenschirm genannt, den Lebensbaum. Wir geben nur wieder, was uns am meisten beeindruckt hat. Vor allem der aztekische Kalenderstein mit seinen dreieinhalb Metern Durchmesser und 1,22 m Dicke.  Er wiegt 24 Tonnen also fast das doppelte als Emma. Der irrtümlich als Kalenderstein bezeichnete „Piedra del Sol“ Sonnenstein der Azteken symbolisiert die fünf Götterwelten auch Sonnen genannt und befand sich im Haupttempel von Mexiko- Stadt.

Der 2500-3000 Jahre alte olmekische Kolossalkopf porträtiert wahrscheinlich einen Herrscher der Olmeken. Er ist beeindruckende 3,40 m hoch. Ebenfalls sehenswert ist die Quetzalvogel-Federkrone von Moctzuma II.Es ist ein Replikat denn das Original befindet sich im Weltmuseum Wien und ist seit Jahrzehnten ein Grund für Auseinandersetzungen zwischen Österreich und Mexiko. Dieser federfarbige Kopfschmuck ist wirklich eine Pracht. Hier konnten wir auch nochmals den Tempel der gefiederten Schlange in Teotihuacan am Stück betrachten. Imposante Bauwerke und detaillierte Steinmetzarbeiten, filigraner Metallschmuck, herrlich bemalte Wände, Krüge und andere Tonwaren. Einfach eine unglaubliche Vielfalt an geschichtlicher Dokumentation mit dem Bewusstsein, dass es zu dieser Zeit keine Töpferscheiben, Metallwerkzeuge oder andere Hilfsmittel gab.

Nach einem leckeren Mittagessen geht es gestärkt in die oberen Etagen welche die Alltagsgegenstände der verschiedenen Volksgruppen Mexikos wiedergibt.

An der Wand der große Kalenderstein „Piedra del Sol“. Im Vordergrund die Steinscheibe des Moctezuma I mit detailliertem Relief
Eine beeindruckende Größe des „Stein der Sonne“
Mixtekisches Pektoral (Brustkreuz geistlicher Würdenträger) aus Gold und Türkis, Schild von Yanhuitlan
Olmekischer Kolossalkopf
Aztekischer Kodex, der von aztekischen Priestern geschrieben wurde. Auch Azteken hatten Schrift!
Ein überwältigender Fundus an Geschichte

Ziemlich erfüllt machen wir uns auf in den Alameda-Park. An der Plaza de la Solidaridad spielen an einfach aufgestellten Tischen mit Schirmen Einwohner Schach gegeneinander. Essensstände und Souvenirstände beleben diese Ecke, fast hätten wir den Eingang zum Museo Mural Diego Rivera übersehen. Dort ist sein vom Erdbeben 1985 gerettetes Wandgemälde „Traum eines Sonntagnachmittags im Alameda Park“ im Extra-Museum untergebracht. Sein 15 x 4,8 m großes Gemälde zeigt Diego Rivera selbst als kleinen Jungen wie er an der Hand  von der „Calavera Catrina“, der Skelett- Dame, durch den Park spaziert. Es sind weitere mexikanische Berühmtheiten sind mit von der Party, sowie seine Frau Frida Kahlo. Könnt ihr sie finden?

Der Alameda Park
Das 5 x 4,8 m große Wandgemälde von Diego Rivera „Traum eines Sonntagnachmittags im Alameda Park“
Ausschnitt mit ihm als Junge an der Hand von der „Calavera Catrina“, der Skelett- Dame. Findet ihr Frida Kahlo?

Pünktlich um neun stehen wir vor dem Obersten Gerichtshof, der „Suprema Corte de Justicia“. Wir müssen unsere Pässe abgeben und mit der Kamera dürfen wir leider auch keine Fotos machen. Doch mit dem Handy ist es erlaubt und wir müssen mit auf dem Bild sein. Unser sympathischer Führer erklärt uns genau die Geschichte der Gemälde im 1. Stock von Orozco. Dieser mutige Künstler hat den Auftrag erhalten und verdeckt die Wände bemalt. Erst bei der offiziellen Enthüllung mit der Presse konnte die mexikanische Öffentlichkeit, sowie die Justiz und die Politik sehen, wie entlarvend seine Gemälde die Missstände aufzeigen. Welch ein Mut!!! Auch an den Treppenaufgängen sind für die Ewigkeit sehr detailgetreue Gemälde, die Folter und Gewalt bei der Polizei und Justiz darstellen. Grausame Ungerechtigkeiten als Warnung und Abschreckung. Auch Hidalgo und die erste Frau in Nordamerika als Richterin, sowie viele andere mexikanische Helden finden hier an den Wänden ihren Platz. Das Mural von Diego Rivera konnten wir leider auch hier nicht sehen, da genau diese Räume belegt waren.

Orozco enthüllt die Missstände der Politik und Justiz
Blick auf die „Keller-Akten“ als Erinnerung an die grausame Ungerechtigkeiten als Warnung und Abschreckung
Die mexikanische Entwicklung

Es geht weiter zum Temple Mayor (auch Große Pyramide von Tenochtitlán)  und um sein Ausmaß zu erfassen sind wir 2 km durch die Stadt an vielen Werkstätten und Ersatzteillagern für Fahrzeuge vorbeigelaufen, um an den Haupttempel des Areals zu gelangen. Es ist die Stätte, wo Krönungen, Weihen und Menschenopfer stattfanden. Heute können wir durch die Teilrekonstruktion der Pyramide alle Baustadien des Monuments nachvollziehen. Das kupferne Modell  von Tenochtitlán an der Fußgängerzone mit dem Wasserbecken als Texcoco-See steht genau da, wo einst die Hauptpyramide, der Templo Mayor stand. Die Fundamente und viele andere Funde wurden erst 1978 bei den Grabungen für die Metro entdeckt. Ganze Häuserblocks mussten abgerissen werden um den Komplex freizulegen. Die Fläche ist gewaltig groß, und im  Museum selbst staunen wir über den riesigen runden Opferstein, mit einer gemeißelten Darstellung der Mondgöttin, die Exponate zum Totenkult und die vielen Totenköpfe, die Zeugnis einer menschenopfernden Religion sind. Was sind wir froh, dass wir in einer anderen Zeit leben.

Wir bewegen uns wieder weg von den Opfern der Geschichte und hin zur Kunst. Im Antiguo Colegio de San Ildefonso finden wir ein ehemaliges Jesuiten- Kolleg (Gymnasium für Mädchen und Jungen vom Jesuitenorden) von 1588. Es ist ein imposanter Bau, ein Schmuckstück durch die herrlichen Gemälde an den Wänden der Treppen und Säulengänge. Die meisten sind wieder von Orozco und wir staunen über die Kunst in dieser Größe eine hervorragende Kunst an die Wand zu bringen.

Ersatzteile und Werkstätten, ein ganzer Straßenzug entlang

Diese Tickets vorzubestellen macht wirklich Sinn, nämlich das „Blaues Haus“ von Frida Kahlo, ihr Geburts- und Sterbehaus, ihr Rückzugsort und Kraftspeicher. Wir sind pünktlich da und stehen schon in der Schlange der Vorreservierten. Doch die Wartezeit gestaltet sich kurzweilig, da wir nette Begegnungen haben. Frida Kahlo, für jeden ein Begriff, Bücher und Filme gibt es zu genüge von ihr und sie ist für die MexikanerInnen eine Ikone, Heldin und Vorbild der Emanzipation. Das Leben dieser Frau ist geprägt von körperlichen Schmerzen. Sie hat Polio überlebt und wurde bei einem Verkehrsunfall so schwer verletzt, dass sie sich immer weniger bewegen konnte, bis ihr sogar ein Bein amputiert wurde. Sie erlitt Fehlgeburten, die sie in Bildern verarbeitete. Doch auch emotionale Schmerzen musste sie ertragen. Ihre leidenschaftliche Beziehung zu Rivera war von Anfang an instabil. Er hatte zahlreiche Affären, sogar mit ihrer jüngeren Lieblingsschwester Cristina und gefährdete ständig ihre Ehe. Doch Rivera war auch ihr erster großer Fan und unterstützte sie in ihrer künstlerischen Begabung. Und er gab ihr trotz allem Stabilität. In ihren privaten Räumen zu sein ist sehr bewegend, vor allem mit all ihren privaten Habseligkeiten und aus fast jeder Ecke erkennt man die gegenseitige Liebe mit Diego. Über ihren plötzlichen Tod mit nur 47 Jahren wird von Lungenembolie über zu viel Schmerzmitteleinnahme spekuliert.

Fridas Platz der Schöpfung ihrer Kunstwerke mit Blick in den herrlichen Garten
Die Küche, das Herz des Hauses, die Riveras hatten gerne Gäste
Das ungleiche Paar, die Liebe des Lebens
Die zwei Fridas, 1939 ein Versuch der Künstlerin, sich nach ihrer Trennung wieder mit sich selbst zu verbinden und zu versöhnen.

Eine lange Fahrt mit einem schrottreifen Bus und einem Busfahrer, den wir über Hitlers Grausamkeiten aufklären, kommen wir durch die Stadt bis in den Süden nach Xochimilco. Hier finden wir die letzten Überreste eines von den Azteken erbauten Bewässerungssystems die mit unzähligen bunten Gondeln für Touristen-Ausflugsfahrten übersät sind. An einem Stand bestellen wir uns ein typisch mexikanisches Gericht: Tortillas aus Mais mit einer Bohnenfüllung , darauf garniert sind kalte Kraut- und Kakteenblätterstücke und mit geraspeltem Käse bedeckt. Wir müssen zugeben, das ist unser bisher schlechtestes Essen in Mexiko. Der Hunger treibt es hinunter oder es geht halb aufgezehrt zurück. Die völlig überteuerten Bootsausfahrten sparen wir uns auch, zumal der Himmel sich mit schwarzen Wolken verdunkelt und der Donner das Gewitter ankündigt. Kaum sitzen wir wieder im Bus auf der Rückfahrt schüttet es, wie wenn die Himmelsschleusen sich öffnen. Just in time kehren wir nach dem Regenguss zurück zum Zocalo. Am nächsten und letzten Morgen werden wir noch mit einem herrlichen Sonnenaufgang geweckt und verlassen erfüllt und mit vielen neuen Eindrücken diese belebte, bunte, vielfältige und kontroverse Stadt mit den gefühlt meisten Museen von ganz Mexiko.

Die bunten Boote von Xochimilco

Wir möchten unserem Problem der Bremse auf den Grund gehen. Die Erfahrung des Einseitigen Abriebs des rechten Bremsbelags in Durango und die weiterhin erhöhte Temperatur an dieser Bremstrommel lässt uns eine empfohlene Mercedes LKW -Werkstatt aufsuchen. Sie nehmen sich uns gleich an und versuchen zu helfen. Bei der Fehlerdiagnose wird der Verdacht erhärtet, dass der Bremszylinder defekt ist. Doch Ersatzteile können (oder wollen) sie nicht bestellen. Des Weiteren ist ein Druckluftsensor undicht. Wir versuchen den Werkstattmeister von unterschiedlichen Möglichkeiten der Reparatur zu überzeugen bis er nach einem Tag ehrlich zugibt, dass sie sich mit unserem Fahrzeug nicht auskennen. Er empfehlt uns eine LKW- Werkstatt die sich auf Axor- Fahrzeuge spezialisiert hat. Die Resonanzen lesen sich in Google sehr gut und wir entscheiden uns dorthin zu fahren. Leider auf der anderen Seite von Mexiko-Stadt. Einen Kilometer vor unserem Ziel werden wir von der Polizei angehalten. Sie möchten unseren Tourist Pass sehen. Doch diesen konnten wir nach dreimaligem Versuch nicht lösen, da die Internetseite unsere Mail und Telefonnummern nicht akzeptierte. Dies versuchen wir den 3 gut beleibten und unsympathisch wirkenden Beamten zu erklären. Sie wiederholen mehrmals, dass wir so nicht fahren dürfen, dass wir eine Strafe von 50.000 Pesos (2.500 €) zu zahlen haben und dass er uns mitnimmt. Auch die Beschlagnahme des Fahrzeugs wird uns angedroht. Beim Zeigen des originalen Führerscheins wird dieser von Andy nicht aus der Hand gegeben, dazu erklären wir einen Termin bei der Werkstatt. Wir bleiben freundlich aber bestimmt und signalisieren, dass wir nicht bezahlen. Nach 30 Minuten ändert sich plötzlich die Situation, der Redeführende Beamte streckt uns die Hand hin und wünscht uns eine gute Reise. Das nennt man korrupte Polizei!!!

An der Werkstatt stehen wir vor einem verschlossenen Tor und eine Wärterin teilt uns mit, dass sie hier nur Speditionsfahrzeuge annehmen. Doch 8 km weiter sei eine Werkstatt, die sich um uns kümmern kann. Weiter geht es 8 km durch den zähen Verkehr und der Hoffnung, nicht mehr angehalten zu werden. Wieder stehen wir vor einem verschlossenen Tor. Die Begutachtung unserer Emma bringt uns eine weitere Absage. Diese Art von Fahrzeugen kennen sie nicht. Unverrichteter Dinge fahren wir dieselbe Strecke zurück. Nun brauchen wir einen Plan B.

Wir fragen unsere Reisefreunde Heidi und Nobby, ob sie uns die Ersatzteile nach Cancun mitbringen würden. Ende September kehren sie nämlich zu ihrem Herr Möglich zurück. Zeitgleich wird die Werkstatt in Deutschland kontaktiert, damit die Teile bestellt werden können. Die Bremse funktioniert noch und es ist kein Problem weiter zu fahren.

Hinein in die Millionenstadt mit Emma

Einen besonderen Platz in atemberaubender Höhe finden wir in Paso de Cortes und können hier zwischen den mexikanischen Geliebten Romeo und Julia auf 3700m Höhe übernachten. Dazu gibt es eine herrliche Legende, die erzählt, dass der beliebte Aztekenhäuptling aus Tenochtitlan eine hübsche Tochter mit Namen „Iztaccihuatl“ hatte, was in ihrer Sprache soviel wie „Weiße Dame“ bedeutet. Sie war beim Volk sehr beliebt und wurde darauf vorbereitet, eines Tages die Rolle ihres Vaters als Anführerin zu übernehmen. Doch als sie älter wurde, verliebte sie sich in den Anführer eines anderen Stammes, nämlich in Popocatepetl. Es entbrannte zu der Zeit ein Krieg und Kämpfer mussten in den Süden ziehen. Der Vater versprach Popocatepetl, dass er seine Tochter zur Frau bekommt, wenn er den Feind besiegte. Iztaccihuatl wartete auf ihren Geliebten. Nach mehreren Monaten kehrte ein Krieger zurück, der Popocatepetl hasste. Er berichtete, dass Popocatepetl gefallen sei, was nicht stimmte. Daraufhin starb Iztaccihuatl vor Kummer. Doch Popocatepetl kehrte mit seinen Truppen am Tag der Beerdigung erfolgreich zurück. Er sah seine tote Geliebte und verfiel in tiefe Trauer. Er trug sie in seinen Armen aus der Stadt auf einen Berg und legte sie auf ein errichtetes Grabmal. Er blieb bei ihr bis er selbst an seinem Kummer starb. Die Götter waren berührt von seinem Opfer und verwandelten das Grabmal und die beiden Verstorbenen in einen Berg und einen Vulkan. Der Berg sieht von der Ferne aus wie eine schlafende Frau und wurde nach Iztaccihuatl benannt. Popocatepetl bedeutet auf Nahuatl „Rauchender Berg“, und genau das finden wir vor. Damit zeigt der Popocatepetl, dass er immer über seine Geliebte wacht, die an seiner Seite schläft. Das macht er so gut, dass wir ihn leider nicht besuchen dürfen, denn seine Dämpfe sind so giftig, dass er abgesperrt ist. Wir finden diese Legende absolut passend für diesen Ort.

Mit blauem Himmel präsentiert sich der rauchende Popocatepetl
Nach einer Regennacht nun mit Schneemütze
Der Weg zur Geliebten Iztaccihuatl

Im Nationalpark Office wird uns die Route zum Refugio 100 zum Iztaccihuatl empfohlen, der für einen Tag vom Paso de Cortes zu erwandern ist. An den nähergelegenen Parkplatz für den Aufstieg dürfen wir mit unserer dicken Emma mal wieder nicht fahren. Das bedeutet 7 km zum La Joya zu wandern, dann den Aufstieg zum Refugio 100 auf 4730 m Höhe erklimmen und alles wieder zurück. Doch wir entscheiden immer vor Ort, wann wir umkehren. Unsere Thermohosen, Handschuhe und Schals werden aus den untersten Gewölben herausgekramt. Diese Höhe ist nicht zu unterschätzen. Natürlich packen wir auch Regenkleidung ein und genügend zum Trinken. Um 6.40 Uhr geht es los und wir werden mit einem herrlichen Bild am Morgen begrüßt. Die „Geliebten“ erheben sich fast wolkenfrei aus der Umgebung. Der Weg nach La Joya ist ein Genuss. Er führt uns an jede Menge Lupinen, riesigen Silberdisteln und herrlich sanften Gräsern stetig aufwärts. Immer wieder staunen wir über die klare Sicht auf den Popocatepetl und seiner Iztaccihuatl. Dann wird es happig. Ab La Joya kostet uns der Aufstieg immens Kraft und die Luft wird deutlich dünner. Wir arbeiten uns von einem Aussichtspunkt zum nächsten, klettern über riesige Steinbrocken, Geröllfelder und tiefe durch Starkregen verursachte Gräben. Die Schritte werden langsamer, die Pausen öfter. An jedem „Portillo“ entscheiden wir spontan, ob wir weiterwandern. Dies machen wir vom Wetter und unserer Kraft abhängig. Und wir haben es geschafft. Auch wenn uns der Nebel die letzten 200m Aufstieg einhüllt, ist es ein tolles Gefühl diese Höhe zu erreichen. Nach 10 Stunden, 21 km und 1000 Höhenmetern sind wir wieder gut bei unserer Emma angekommen und haben die „sau-müden“ Füße ausgestreckt. Diese Anstrengung hat sich definitiv gelohnt.

7 km zum La Joya durch blühende Landschaft
Sanfte Gräser zu Füßen des Iztaccihuatl
Mit riesigen Silberdisteln
Unser Weg zum Refugio 100 auf 4730 m
Von Rastplatz zu Rastplatz
An steilen Abschnitten vorbei und über Geröllfelder durch den Nebel
Wir haben es geschafft!!! Das Refugio 100 auf 4730 m Höhe und mit 1000 m Aufstieg

Wir essen nicht nur scharfe Soße (zumindest Andy) sondern wir besuchen auch scharfe Soße, nämlich Cholula, Puebla, sie ist die älteste und bewohnte Stadt Mexikos. Und hier erleben wir etwas sehr Bewegendes und Berührendes. Der Name leitet sich von den Native Nahuatl-Toponym Chollallan ab und bedeutet „Ort derer, die geflohen sind“, denn die Tolteken haben hier im 12. Jhd Unterschlupf gefunden und ein Zentrum  für Handel und religiösen Kult errichtet. Die erste große Blüte dieser Stadt war 5 v.Chr. und ist bis zum heutigen Tage ununterbrochen bewohnt.

Denn am Morgen wollen wir die im Volumen größte Pyramide der Welt besuchen. Sie hat eine Seitenlänge von 430m und eine Höhe von 65m. Sie war schon überwachsen als Hernan Cortes ankam und mit seinen Leuten ein Blutbad anrichtete.  Als Zeichen des Triumphs baute er auf die Spitze der Pyramide die Kapelle Nuestra Senora de los Remedios (heute steht nicht mehr die Originalkirche dort). Die Religion hat eine langjährige Geschichte. Wir erkennen jede Menge Kirchenspitzen und Kuppeln und es wird tatsächlich erzählt, dass Cholula so viele Kirchen hätte, dass man jeden Tag in eine andere gehen könnte. Es gibt allerdings „nur“ 50.

Kapelle Nuestra Senora de los Remedios
Blick auf den Vulkan Popocatepetl und auf den Berg Iztaccihuatl

Da der Eingang zur Pyramide noch geschlossen ist, wir sind halt Frühaufsteher,  gehen wir auf den Berg zur Kapelle und  geraten mitten hinein in eine Zeremonie mit Tänzen der Indigenen Nahuatl. Sie sind wunderschön geschmückt und tanzen mit ihren Muschel-Fußketten mit ca. 80 Personen zum Takt eine ganz bestimmte Schrittfolge, dabei spielen viele ihr traditionelles Saiteninstrument, die Guitarra conchera, deren Resonanzkörper aus einem Gürteltierpanzer hergestellt wird. Andere haben verschiedene Rasseln und Schellen, die im Takt mitgeschwungen werden.

Stellt euch vor, ihr seid inmitten dieser Atmosphäre von 80 Tänzern und den Rhythmen ihrer Körper und Instrumente. Ihre Gesänge übertönen auch die Kirchenglocken und ihr könnt einen angenehmen Stolz und eine Ernsthaftigkeit beobachten ihre Nahuatl Kultur aufrecht zu erhalten. Jung und Alt vereint, in einer sicheren Choreographie die schon viele Male praktiziert wurde.

Wir tauchen ein, bekommen Gänsehaut und sind erfüllt und emotional berührt von dieser Zeremonie. Es kommen Nahuatl auf uns zu und bitten uns um Zusendung der Bilder und Videos per Insta und WhatsApp. Ein Tänzer nimmt uns die Hand und heißt uns willkommen, am Ende umarmt er uns. Unsere Gefühle sind kaum zu beschreiben, denn die Atmosphäre während der Zeremonie ist ganz besonders und ohne Worte. Wir lassen Bilder und Filme sprechen, doch um es nachzuempfinden sollte man es selbst erleben.

Das Saiteninstrument „Conchera“ ist aus dem Körper eines Gürteltiers gemacht

Mexiko ist Land der Pyramiden und Tempel. Wir können nicht vorbei, wir möchten hinein ins UNESCO Weltkulturerbe von Monte Alban, die Hauptstadt der Zapoteken. Diese Tempelanlage liegt auf einer künstlich abgeflachten Bergkuppe auf 2000 m Höhe. Nach bisherigen Erkenntnissen war der Beginn der Besiedlung von den Olmeken im 500 vor v.Chr. , die Blütezeit zwischen 250 und 750. Hier sind Wohn- und Kultbauten, ein Observatorium, Grabkammern mit Steinskulpturen  und sogar Wandmalereine erhalten. Für uns gibt es immer wieder Neues zu entdecken.

Monte Alban, die Hauptstadt der Zapoteken
Stein-Arbeiten

Der Besuch eines der größten Lebewesen der Welt steht nun auf unserem Plan. Der Baum von Tule „Arbol del Tule“ in Santa Maria del Tule. Wir stehen auf dem El Rancho RV Park, eine kleine Oase mit Pool, großzügiger Wiese und heißen regulierbaren Duschen. Wäsche waschen ist mal wieder nötig und an diesem Platz können wir auftanken. Zu Fuß geht es in die Ortsmitte und wir sind von der Atmosphäre der geschmückten Gassen verzaubert. Die Sumpfzypresse ist gleich aus der Ferne zu erkennen, sie überragt mit ihren 42 m Höhe die Kirche und das Rathaus. Sein Umfang in Bodennähe wird den offiziellen mexikanischen Angaben nach mit 46 m angegeben, sein Gewicht von 636 Tonnen. Die Zahlen sind zwar beeindruckend doch unter dem Baum zu stehen ist viel mehr als nur die Zahlen zu kennen. Die Dimensionen dieses „Baum des Lebens“  lässt in uns Ehrfurcht verweilen.

Der Garten und der Park sind sehr gepflegt und  reizvoll mit vielen Pflanzen und Blüten. Uns gefällt es hier sehr!

Der Baum überragt mit seinen 42 m Höhe die Kirche
Sein Umfang wird mit 46 m angegeben und sein Gewicht mit 636 Tonnen
Der Ort schmückt sich für den Unabhängigkeitstag

Vom Bordos zu Topes zum Reductor, alle haben dasselbe im Sinn. Sie unterstützen die sportliche Einheit unseren Eingeweiden nebenbei wollen sie die Autofahrer mäßigen. Wir finden sie sowas von anstrengend. Das werden wir an Mexiko ganz bestimmt nicht vermissen. Jede kleinste Ortschaft ist zu Hauf damit ausgestattet. Der Fahrstil der Mexikaner ist auch sehr gewöhnungsbedürftig und wir haben das Gefühl, sie hängen sich ein Kreuz an den Rückspiegel und damit ist ihr Schutzengel immer dabei.  

Wir wählen mal ein Taxi in die Stadt Oaxaca von Maria del Tule und auch bei ihm beobachten wir einen rasanten Fahrstil, der ruckartig vor den Schwellen abbremst. Das ist auch Mexiko.

Oaxaca schmückt sich für den Unabhängigkeitstag und die vielen Baustellen sind emsig dabei fertig zu werden. Irgendwie ist es für uns kein guter Zeitpunkt, die Stadt zu besuchen, denn die öffentlichen Gebäude sind mal wieder für uns geschlossen. Der Staub der Baustellen liegt in der Luft und wir suchen die gemütlichen Straßen vergeblich. Für uns ist der Besuch von Oaxaca zu einer ungünstigen Zeit gewesen und wird bestimmt ein anderes Mal ein anderes Gesicht zeigen. Spannend finden wir die Kirche, die zuvor durch ein Erdbeben zerstört wurde und nun mit kürzeren Türmen wiederaufgebaut wurde. Auch der erste Indigene Präsident Benito Juarez ist in dieser Stadt geboren und hat unsere besondere Anerkennung. Er hat es gewagt, die Kirchen zu enteignen und sie vom Staat zu trennen, er hat das Kirchenvermögen verstaatlicht, und eine Religionsfreiheit eingeführt. Diese Reformen bestehen bis heute. Darum laufen wir auch zu einem Andenken an ihn, eine mit Mosaiksteinen gestaltete riesige Wand auf der Hauptverkehrsader in die Stadt. Von hier finden wir einen Bus, der uns wieder mit zurücknimmt.

Oaxaca an einigen Straßenzügen ganz bunt
Die Kirche mit den verkürzten Türmen, „Catedral Metropolitana de Oaxaca Nuestra Senora de la Asuncion“
Traditionelle bestickte Kleidung
Bunte Würstchen
Die große Erinnerungstafel an den ehemaligen Präsidenten Benito Juarez

Rauch liegt in der Luft, wir fahren an unzähligen Destillerien zur Mezcal-Gewinnung vorbei. Alles geschieht hier 100% artisanal, also von Hand zubereitet mit Holzfeuer und Mahlsteinen durch Esel und Maultierkraft gezogen. Für uns ist jedoch das Probieren während der Fahrt ein Tabu. Der Wald wird abgeholzt für Agavenfelder und für Feuerholz der Destillation. Das ist ein Grund die Gewinnung zu hinterfragen, denn oft werden die Hänge bepflanzt und bei Starkregen schwemmt es die Erde weg. Doch die Leute hier leben vom Verkauf.

Für uns ist der Tequila im Geschmack feiner und dieser wird auch rein aus der blauen Agave hergestellt. Der Mezcal ist intensiver und rauchiger da die Agaven nicht gegart, sondern über offenem Feuer geröstet werden.

Im Landschaftsschutzgebiet finden wir ein System versteinerter Wasserfälle natürlichen Ursprungs. Sie sind vor Tausenden von Jahren durch das Abfließen von Wasser mit hohem Mineralstoffgehalt entstanden. Die Wasserbecken (22-25 Grad) wurden schon von den alten Zapoteken genutzt, sie hatten ca. 500 v.Chr. ein 6 km langes Kanalsystem bis ins Tal gebaut. Es blubbert aus den „ojos de aguas“ heraus und damit werden die Becken weiterhin mit Wasser gespeist. Die Versteinerungen können wir aus mehreren Perspektiven betrachten, die weiße Farbe hat allerdings schon gelitten. In einigen Becken darf man auch baden, was wir uns natürlich nicht entgehen lassen. Wir genießen einen fantastischen Blick auf die Landschaft direkt vom Becken aus. Ein besonderer Platz den wir in guter Erinnerung behalten.

Es geht über die hügelige Landschaft der Sierra de Miahuatlan, an riesigen Windparkanlagen vorbei an die Lagune Superior nach Santa Maria Xadani. Lagune hört sich ja ganz gut an, doch als wir bei über 30 Grad ankommen empfängt uns ein Gestank nach umgekipptem, faulem Wasser. Das Ufer ist grün von Algen übersät und für uns keine Option hier zu nächtigen. Zum Glück finden wir an der kleinen Landstraße einen schattigen Platz um uns zu erholen. Es kommen Rinder und Rinderkarren vorbei und wir werden immer freundlich gegrüßt. Wir erleben das ländliche Dasein auf unserem Einkauf durch den Ort.

Wir starten früh, bevor die Temperaturen unerträglich werden und wählen wieder den Weg in die Berge zum Fluss Sumidero. Der Canon del Sumidero ist eine 1000m tiefe Schlucht die der Rio Grijalva in Millionen von Jahren geschaffen hat. 1981 wurde der Fluss durch einen Damm, die Presa de Chicoasen gebändigt und ist heute ein Nationalpark. In Tuxtla Gutierrez können wir übernachten und am Morgen das erste Boot in den Canyon nehmen. Für den Nationalpark wird eine Gebühr erhoben und bald sitzen wir mit einer mexikanischen Familie gemeinsam im Boot. Los geht`s mit ordentlichem Speed. Tatsächlich hat der Fluss Alligatoren, die wir im Schlamm und am Ufer sehen können. Doch leider fährt unser Bootsmann so energisch auf sie zu, dass sie gleich verschwinden. Nur einer der Reptilien lässt sich nicht aus der Ruhe bringen und genießt sein Schlammbad. Dann erleben wir den größten Schock des Tages, wenn nicht gar des Monats: Wir gelangen an einen Teppich mit grünen Schlingpflanzen und so viel Plastikmüll darin, dass uns die Augen tränen. Im Fluss treiben allerlei Plastikmüll und versammelt sich an dieser Stelle. Wir bleiben stecken und eine Stechmückeninvasion überfällt uns. Der Motor stirbt ab und lässt sich nicht mehr starten und es dauert eine geraume Zeit, bis er die Rotoren wierder freibekommt. Langsam schieben wir uns durch den Müllteppich und ich frage laut: Warum wird der Müll nicht eingesammelt? Doch keiner reagiert. Es dauert sehr lange, bis wir den Blick wieder dem Schönen zuwenden können, ein riesiger Schwarm von Kormoranen und Reihern fliegt an uns vorbei. Auch Pelikane, Eisvögel und Falken leben in diesem Canyon und wir hoffen, dass bald ein Umdenken anfängt und dieses Ökosystem gerettet wird. Vielleicht müssen auch die Touristen wegbleiben. Bei der Rückkehr teile ich den Mitarbeitern mit, dass dieser Müll keine Touristen anlockt. Die genannten Erklärungen lassen uns zweifeln, ob die Reinigung gewünscht ist.

  1. Der Müll kommt aus Guatemala (der Fluss hat keine Verbindung mit Guatemala)
  2. Es ist Sonntag und Reinigungspause (der Müll liegt hier schon Monate/Jahre)

Der Plastikmüll ist ein schmerzhaftes Thema und wird uns wohl durch ganz Mittelamerika begleiten.

Wir erhalten dank unserer Reisefreunde Heidi, Nobby und Susanne und Klaus brauchbare Tipps, wie wir in dieser Stadt zu unserem Ziel kommen. Städte sind immer ein besonderes Thema für große Fahrzeuge. Und hier in San Cristobal darf man keinesfalls in die Innenstadt mit unserer Emma hineinfahren. Somit fahren wir einen großen Umweg um zu einem kleinen Campingplatz „San Nicolas“ zu gelangen. Die Zufahrtsstraße wird eng, die Kabel hängen tief doch Emma steht bald auf einem schattigen Platz. Von hier können wir in das Zentrum laufen.

San Cristobal liegt nämlich inmitten der Berge Sierra Madre de Chiapas mit einem hohen Kiefernbestand auf 2100 m Höhe und hat durch seine kopfsteingepflasterten Wege, einfachen bunten Häusern und den integrierten Mayas einen völlig unkomplizierten Charme. Integrierte Mayas hört sich gut an, vermutlich ist es umgekehrt, denn das Bergland wird hauptsächlich und ursprünglich von Mayas bewohnt. Drei Menschen möchten wir in Bezug auf San Cristobal de las Casas erwähnen. Zum einen den Dominikanermönch Bartolome de las Casas, der sich unermüdlich für den eigenständigen Wert  und gegen die Versklavung der Maya-Völker einsetzte. Er hatte unter den Spaniern viele Feinde und er konnte sich zweimal des Hochverrats beschuldigt und zu Tode verurteilt aus der Schlinge ziehen. Erst 1848 wurde die Stadt zu seinen Ehren umbenannt, von „San Cristobal de los Llanos“ in …de las Casas.

Das Ehepaar Blom ist ebenso erwähnenswert, denn sie haben internationale Anerkennung erlangt. Frans Blom der Däne und seine Frau Gertrude Duby-Blom aus der Schweiz haben ihr Lebenswerk dem Volk der Lacandonen gewidmet. Duby- Blom hinterließ ein fotografisches Archiv von historischem Wert und mit anderen Kunstwerken wird dies im „Haus des Jaguars“ Na Bolom ausgestellt. Schade, dass es nicht mehr so gepflegt wird und das Lebenswerk dieses Paares immer mehr verstaubt und verfällt.

Bistum San Cristobal de Las Casas
Herrliche Tücher von einer Maya
In den Gasse von San Cristobal
Mit Blick auf das Arch of El Carmen
Barocke Fassade der Kirche Santo Domingo
Maya-Frauen aus Chamula tragen flauschige schwarze Wollwickelröcke
Bis zu einem Monat stickt diese Maya an einer Tischdecke
Haus des Jaguar, Na Bolom des Ehepaar Blom
Ein typisches Wohnhaus vom Volk der Lacandonen

Wir entscheiden uns über die Berge und Maya-Dörfer auf einer Nebenstraße nach Chanal zu fahren. Die Sicherheitslage empfiehlt diesen Umweg Richtung Palenque. Doch nach 40 km vor dem Dorf heizt sich der Motor von Emma auf 107 Grad auf und kühlt nicht mehr ab. Nun heißt es stehen bleiben und abkühlen lassen. Der Kühlkreislauf hat einen defekt. Es ist nun besser die kürzere Strecke zurück zu fahren, denn in San Cristobal ist die Chance deutlich höher eine LKW-Werkstatt zu finden. Wir vermuten, dass das Thermostatventil einen Schuss hat. Auf dem Parkplatz vom Parque de los Humidales können wir am Stadtrand  großzügig stehen. Beim Fachaustausch mit Klaus und Susanne entscheiden die beiden 400 km zu uns zu fahren, um uns zu unterstützen. Was für ein tolles Angebot. Vielen Dank ihr zwei. Am nächsten Tag suchen wir die angegebene Werkstatt und finden einen sehr einfachen Hof mit einem kreativen Durcheinander vor. Alberto stellt sich uns als Auto- und LKW- Mechaniker vor. Die anfängliche Skepsis legt sich bei der kompetenten Fehlersuche und wir entscheiden uns hier für den Ausbau des Thermostatventils. Die Vermutung hat sich bestätigt und wir haben doppelt Glück: Sie finden ein neues Thermostatventil!!! Die Probefahrt den Berg hinauf ist ein Erfolg. Danke an Alberto für deine Unterstützung.

Hier leben viele Maya nahezu als Selbstversorger
Kreative Autowerkstatt
Mit Regenschutz für LKW- Reparaturen
Das Thermostatventil wird ausgetauscht
Das neue Thermostatventil funktioniert

Wir kommen zurück auf unseren Platz und da stehen tatsächlich schon Susanne und Klaus mit ihrer Zora. Die Freude ist groß, der Austausch lebhaft und wir beschließen gemeinsam weiter zu reisen. Auch das „MANle“ benötigt immer wieder Zuwendung und Reparaturen, das gehört zu dieser Art reisen dazu. Die gemeinsame Fahrt führt uns nun in den Nationalpark Lagunas de Montebello an der Grenze zu Guatemala. Dabei gelangen wir in einen Gebirgsregenwald mit vielen Tier- und Pflanzenarten sowie 52 kleineren und größeren Seen. Die Seen sprenkeln mit ihrer unterschiedlichen Färbung wie Murmeln aus dem Kiefernwald heraus. Die Färbung bekommen sie durch verschiedene Oxide, die das Wasser unterschiedlich schillern lassen. Manche Seen sind Trinkwasserreservoirs, andere haben Schwimmverbotsschilder wegen Schlingpflanzen und durch die Regenzeit ist das Ufer sehr schlammig. Zudem sind die Lagunen stark von Umweltverschmutzung, Abwasser, Missbrauch giftiger Agrochemikalien und schlechter Nachhaltigkeit stark gefährdet. Noch genießen wir den Anblick von den unterschiedlichen Aussichtspunkten und übernachten sehr ruhig neben einem See außerhalb des Nationalparks.

Unser idyllischer Übernachtungsplatz außerhalb des Nationalparks
Laguna de Montebello in Chiapas
Stechendklares Blau
Ein Herz im Grünen
Wir haben viel Spaß zusammen
Balsa- Holzflosse
Eine herrliche Landschaft an der Grenze zu Guatemala
Der Fluss führt reichlich Wasser
Weiterfahrt an der Grenze entlang, beachtet die Warn-Plastikflasche im tiefen Loch
Rambutan sind reif und werden am Straßenrand reichlich verkauft

Wir tauchen ein in die Maya-Welt Yaxchilan. Wie beeindruckend dieser Platz ist lässt sich kaum in Worte fassen. Mit den Schreien der Brüllaffen die den Urwald durchdringen, mit der 40-minütigen Bootsfahrt zur Maya-Stätte auf dem Usumacinta, der Mexiko von Guatemala trennt und den Ruinen des ehemaligen eigenständigen Stadtstaats der Mayas bugsiert sich dieser Platz zu einem besonders eindrücklichen Erlebnis . Seine Blütezeit war im 7. Und 8. Jahrhundert und sein Niedergang ist unbekannt. Dieser Platz wurde 1881 wiederentdeckt und erst ab 1970 erforscht. Wir haben zudem immenses Glück, denn erst vor 14 Tagen wurde er wiedereröffnet, da die Drogenkartelle den Ort der Bootsanleger Frontera Corozal eingenommen haben. Nun wird es bewacht, Militärisch und von den Dorfbewohnern mit Maschinengewehren und hinter Sandsäcken lauernd. Wir fühlen uns sehr sicher und freundlich empfangen in ihrem Ort. Auch die Brüllaffen heißen uns lautstark willkommen. Die Rufe klingen wie ein lautes, keuchendes Brüllen. Sie sind die lautesten Affen und lassen damit andere wissen, wo ihr Territorium ist.

Wir sind mit dem ersten Boot unterwegs und genießen die Morgenstimmung am Usumacinta. Kingfisher/ Eisvögel jagen zu zweit nach Fischen und wir sehen unseren ersten Tucan, leider zu schnell für die Kamera. In die Maya-Stätte gelangt man durch ein Gewölbe, das El Laberinto, das Labyrinth, es hat seinen Namen durch die zahllosen kleinen Räume. Und darin hängen unzählige Fledermäuse. Mit ihren Stupsnasen sehen sie wirklich niedlich aus. Wir erreichen den Hauptplatz, umgeben von riesigen Mahagoni-Bäumen und Ceiba-Bäumen, den Maya heiligen Lebensbäumen und erfassen die Größe dieses Geländes. Auch die Moskitos freuen sich auf die eher wenigen Touristen und das frische Blut, also Einsprühen ist sinnvoll. Eines der Hauptbauwerke ist der mächtige Palacio del Rey, der Königspalast. Wir müssen sehr steile Treppen hinauf und haben einen herrlichen Blick über die Anlage. Auf dem Gran Acropolis befindet sich die gut erhaltene Skulptur des Vogel-Jaguars, allerdings ohne Kopf. Ihm ist das Gebäude geweiht. Originalfresken und Flachreliefs an Türstürzen sind auf dem Gelände ebenfalls zu entdecken. Ein kleiner, zusammengeschnittener Film soll die Atmosphäre dieses unvergesslichen Vormittags wiedergeben.

Wir finden hier an den Wasserfällen nur braunes, schaumiges Wasser und matschige rutschige Dschungelpfade vor. Eigentlich haben wir uns auf ein erfrischendes Nass gefreut, doch hier zu schwimmen macht uns überhaupt nicht an. Die Wasserfälle über verschiedene Ebenen sind sehr schön und in der Trockenzeit bestimmt ein Highlight. Wir bleiben nur eine Nacht und diese Nacht hat es in sich. Ein Gewitter dreht sich stundenlang über uns und es schüttet was das Zeug hält. In der Regenzeit haben solche Plätze ihre Schönheit abgelegt, das Wasser ist aufgewühlt und mit Sedimenten der Berge getränkt. Wir können nicht alles haben, machen das Beste daraus und genießen die Gesellschaft.

Die Wege am Wasserfall entlang sind matschig und rutschig

Unsere letzten 4 Tage sind auch mit einer großen Aufregung der Irrfahrt unserer Ersatzteil-Pakete gewürzt. Durch falsche Postleitzahlen und Sendungsnummern haben die Ersatzteile den Norden Deutschlands erreicht obwohl unsere Kuriere Heidi und Nobby in Bayern wohnen. Sie fliegen am Sonntag los uns am Dienstag ist der wichtige Bremszylinder nicht auf der Postfiliale. Dazu ist  das Paket auch noch 200 Gramm schwerer als frankiert. Erst am Mittwochmittag können unsere Freunde nach viel Telefoniererei und Aufregung das für uns wichtigste Päckchen in den Händen halten. Tatsächlich ist das auch der Kulanz der DHL zu verdanken.

Unsere Wege trennen sich nachdem wir getankt und eingekauft haben. Susanne und Klaus fahren an den Golf von Mexiko und wir schauen uns noch die Maya- Ruinen von Palenque an. Susanne muss ihren Fuß schonen, den sie sich überdehnt hat und in Tempelanlagen muss man viel laufen. Doch wir treffen uns wieder nachdem wir unsere Ersatzteile eingebaut haben und wir für die Weiterreise auf Yucatán entschleunigter unterwegs sein können.

In einem der letzten größten tropischen Regenwälder der Region besuche wir die exquisiten Tempel der Maya, umgeben von beeindruckenden Bäumen, um die sich Schlingpflanzen schlingen und Lianen herabhängen. Die ganze Anlage schimmert in der Tropensonne und überall sprudeln kleine Bäche. Wir haben 35-38 Grad und 80% Luftfeuchtigkeit, das heißt wir sind schweißgebadet, bis wir den prächtigen Naturpark die vielen Stufen zu den verschiedenen Tempeln erklimmen. Über den breiten Fluss Usumacinta wurden Waren  verschifft und Gedankengut verbreitet. Die Blütezeit dieses besonderen Ortes war 600-800 n.Chr. Der Templo de la Cruz, der den heiligen Baum der Maya, den Ceiba- Baum als Motiv hat können wir hinaufsteigen. Von oben haben wir einen hervorragenden Blick auf den Palast und den Sonnentempel. Es ist einer der höchsten in Palenque und in einem sehr guten Zustand. Da es in der Umgebung keine brauchbaren Steine für Stelen gab haben die Mayas hier sehr viel Flachreliefs bevorzugt. Insgesamt ist die Anlage sehr grün und gepflegt, besitzt ebenso einen Charme durch den prächtigen Urwald und die Gebäude sind in einem überraschend guten Zustand. Wir sind froh, dass wir diesen Ort aufgesucht haben und genießen diese Atmosphäre mit dem Gebrüll der Affen. Für Emma war 5 km vor dem Zugang zur Archäologischen Stätte Schluss, wir müssen außerhalb des Nationalparks auf dem Campingplatz La Chiapaneca übernachten und sind mit dem Sammeltaxi zum Eingang gefahren. Zurück geht es zu Fuß. Palenque zählt mit zu unseren Lieblingsplätzen in Mexiko. Damit sind wir wieder am Ende unseres Blogeintrags, denn wir verlassen nun den Bundesstaat Chiapas und kommen in die tropische Karibik nach Campeche auf der Halbinsel Yucatan. Da erwarten uns Regengüsse, über 90 Prozent Luftfeuchtigkeit bei über 35 Grad und viele Stechmücken. Doch auch kühlende Cenoten, Karibik-Feeling und Flamingos. Also lasst euch überraschen. Nun wünschen wir euch eine angenehme Adventszeit, vielleicht die wir euch gerne mit unserem Reisebericht erwärmen und bleibt gesund und zuversichtlich.

Schöne Wege durch den Dschungel
Der Inschriftentempel neben dem Palacio
Der Palacio/ Palast
Blick vom Templo de la Cruz Foliada auf den Sonnentempel und den Palast
Templo de la Cruz Foliada (Blattkreuztempel) und Templo de la Cruz (Kreuztempel)