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Tief verwurzelte Traditionen/ Deep-rooted traditions

Hier sind wir wieder und diesmal auf dem Weg nach Cuauhtemoc im Staat Chihuahua. Wir entscheiden uns das Museum der Mennoniten und ihrer Geschichte zu besuchen. Von den zwei sympathischen Familien am Wasserfall Basaseachic inspiriert und von ihrer berühmten Käseproduktion angelockt. Die dort deutschstämmigen Mennoniten sind ab 1920 von Kanada kommend eingewandert, weil ihnen die Regierung unter Präsident Obregon Religionsfreiheit sowie wirtschaftliche, kommunal- und erziehungspolitische Selbstbestimmung zusicherte. In Mexiko gibt es über 80 Mennoniten Kolonien. Sie erwarben mehrere hunderttausend Quadratmeter trockenen Steppenboden, den sie mit viel Fleiß, Können und mit einfachen Mitteln in fruchtbares Ackerland verwandelten. Wir können Maisanbau, Kartoffeln, Weizenfelder, Obstplantagen und Viehzucht schon viele Kilometer vorher erkennen. Sehr gepflegte Farmen und Häuser fallen uns ebenso auf.

Menno Simons(1496-1561) hieß einer ihrer Führer (und Namensgeber) der vorgab, dass keine weltliche Macht, sondern ausschließlich Gottes Gebote als oberste Autorität anerkannt werden dürften. Und ebenso fest wie ihre Glaubensprinzipien haben sie bis heute ihre „Plautdietsche“ Mundart bewahrt, wie wir bestätigt bekommen haben.

Im Museum bekommen wir von Meiko eine deutschsprachige Führung. Das  Leben in einem typischen mennonitischen Familienhaus wird uns sehr anschaulich erklärt. Ein paar interessante Eckdaten haben uns beeindruckt. 80% der 74.000 Mennoniten sind noch sehr traditionell verankert, d.h. sie leben ohne elektrische und technische Hilfen und nach strengen Glaubenssätzen. Auch die Erziehung ist sehr autoritär und harte Strafen sind üblich. Es sind insgesamt sehr große Familien mit zwischen 8-13 Kindern und heiraten nur unter sich. Die Kleidung der Mädchen und Frauen symbolisieren ihren Status. Kleider mit großen Blumen bedeuten, dass die Frauen noch keinen Mann haben und unter 35 Jahren sind, kleine Blumen geben den Heiratsstatus wieder. Geheiratet wird in schwarz, damit die Frau nicht zu „reizvoll“ wirkt und braune Kleidung gibt einen Verlobungsstatus an. Also für jeden klar ersichtlich.

Die Aufgaben sind strikt nach den Geschlechtern im Haus und Feld verteilt. In den Wohnräumen findet man nur zwei sehr kleine Spiegel und keinerlei Selbstbildnisse um Eitelkeiten zu vermeiden. Puppen zum Spielen hatten bis 1900 keine Gesichter und Haare um keine Schönheitsideale zu generieren.

Die Erklärungen des jungen und modernen Mennoniten sind sehr interessant und auch total Lebensnah, denn er berichtet auch aus seinem Leben. Er ist Sohn eines Mexikaners und einer Mennonitin , die ihren Glauben vereinen können. Somit gehören sie zu den Modernen. Auch er hat bis zu seinem 6. Lebensjahr in einem Bettkasten mit Stroh gefüllt geschlafen und die strenge Erziehung mehrmals betont. Wir sind jedenfalls froh um unseren Start ins Leben!!!

Ein köstlicher Cappuccino im Simons Cafe rundet unseren Museumsbesuch ab.

Wir übernachten mittendrin in den Gemeinden der Mennoniten auf einem ehemaligen RV Park und staunen über die Läden in der Umgebung. Eine Vielfalt an bunten Stoffen, schöne Gärtnereien, Möbelhäuser mit riesigen, modernen Kühlgeräten, also hier sind die 20% der modernen Mennoniten wahrzunehmen. Die Bezirksbezeichnungen wie Campo 2b und Namen wie Gnadenthal, Rosenhof und Schoenwiese zeugen von deutschen Wurzeln. Hier können wir uns ungezwungen deutsch unterhalten.😊

Die Kutschen, Schleifstein und Co. für viele noch Alltagsgegenstände
Die Küche wie bei uns zu Uromas Zeiten
Ganz klare Tradition der Kleidung
Vom Eimer tropft langsam Wasser auf das Tuch über dem Regal und kühlt somit die Ware

Auf den Spuren der Unabhängigkeit/ On the trail of independence

Auf geht es in die geschichtsträchtige Stadt Chihuahua. Über den Platz der Freiheit gelangen wir zum Palacio de Gobierno und gleich gegenüber liegt der Palacio Federal. Hier wird dem mexikanischen Befehlshaber und Geistlichen Padre Miguel Hidalgo gedacht, der den Unabhängigkeitskrieg gegen die Spanier 1810-1824 ausgelöst hat. Der Start der Revolution ging von ihm aus, auch wenn er 6 Monate danach schon in Gefangenschaft genommen und drei Monate später erschossen wurde ist das die „Grito de Dolores“ (Schrei des Schmerzes) der Mexikaner. Für sie ist er für ihre Unabhängigkeit gestorben und wird als Held verehrt.

Wir können seine Zelle, den Platz der Erschießung und Murals mit Episoden der Geschichte besichtigen, jedoch ist es nur erlaubt mit dem Handy zu fotografieren.

Wir spazieren zum Plaza de Armas, hier steht ein schmiedeeiserner Musik-Pavillon und am Ende die Catedral Metropolitana. Der Bau wurde 1735 von Jesuiten begonnen und erst 100 Jahre später fertiggestellt. Sie wurde dem heiligen Franz von Assisi geweiht und der Platz wirkt sehr ansprechend zum Verweilen.

Platz der Freiheit, Plaza Mayor mit dem Monument „Angel de la Libertad“
Den Helden Pancho Villa auf einer riesigen Bronzetafel ausgestellt
Palacio Federal, eine Gedenkstätte an den Freiheitskämpfer Don Miguel Hidalgo
Die Zelle, in welcher sich Padre Hidalgo 3 Monate lang bis zu seiner Hinrichtung befand
Der gegenüberliegende Palacio de Gobierno mit Wandmalereien des Helden Padre Hidalgo und der Geschichte
Erinnerung an einen Volkshelden
Die Cathedral Metropolitana von Chihuahua im Barockstil
Beeindruckende Steinmetz-Arbeiten der zwölf Apostel

Viele protzige Kolonialgebäude und hochtrabende Häuser aus viktorianischer Zeit erblicken wir auf unserem Weg durch die Altstadt.  Ob das Kulturzentrum mit seinem grünen Dach oder den unzähligen Kirchen, gefühlt an jeder Ecke: Der ehemalige Kolonialismus ist überall sichtbar.

Mexiko hat noch mehr zu bieten in seiner Geschichte:

„Respekt vor dem Recht des anderen bedeutet Frieden“, diesen Satz hat Benito Juarez gerne zitiert und danach regiert. Er war 1858-1872 erster indigener Präsident von Mexiko und Amerika und gilt als einer der größten Reformer des Landes. Mexiko hatte also als erstes Land einen Indigenen als Präsidenten, dem sie wichtige Reformen verdanken. Alle Achtung!!!

Dann geht es für uns noch zu einem weiteren Helden der Stadt und der Mexikaner. Im Museo de la Revolucion Mexicana wird uns die Rolle des General Francisco „Pancho“ Villa dargestellt. Ein Wandel vom Banditen zum Robin Hood des Nordens Mexikos. Das Haus „Quinta Luz“ wird nach seiner Frau Luz Corral de Villa benannt und ist mit Originalmöbeln ausgestattet. Sogar der schwarze Dodge aus Detroit, in welchem Pancho Villa mit 13 Kugeln in Parral niedergeschossen wurde ist original erhalten. Der Gouverneur Francisco Villa hat von 1910-1923 mit seiner Division del Norte gegen die Truppen des Diktators gekämpft. Er setzte sich ein für Gerechtigkeit und Freiheit. Überall ist die Verehrung des mexikanischen Helden zu entdecken.

Nach so viel Krieg und Kampf in der mexikanischen Geschichte können wir trotz der vielen Bedenken und Warnungen vor einem unberechenbaren Land im Drogenkrieg bisher feststellen, dass die Mexikaner sehr zugewandt, freundlich und hilfsbereit sind.

Schade, dass wir beobachten und mitgeteilt bekommen, dass Hotels und Campingplätze an den Küsten und im Inland bankrottgehen. Die vielen schlechten Nachrichten über Mexiko und Warnungen in den USA oder vom Auswärtigen Amt können wir als Panikmache abtun, denn bisher fühlen wir uns sehr sicher. Zumindest zu dieser Reisezeit, denn im Dezember 2022 waren einige Unruhen an der Westküste um Mazatlan wegen der Festnahme des Sohnes vom Drogenbaron El Chapo.

Auf unserer Reise beachten wir allerdings auch ein paar wichtige  Grundsätze: Wir fahren nicht bei Nacht und suchen uns einen Schlafplatz vor der Dunkelheit, fragen Einheimische nach der Sicherheit und hören auf ihre Hinweise.

Und mit ihrer am 03. Juni 2024 gewählten Präsidentin Claudia Sheinbaum ist Mexiko auch noch das erste Land Nordamerikas welches eine Frau als Präsidentin hat. Sie ist die erste weibliche Präsidentin in der 200- jährigen Republik Mexikos und sie hat so einiges vor. In der Sozialpolitik möchte sie die staatliche Unterstützung für junge wie alte Menschen weiter ausbauen, im Kampf gegen die Drogenkriminalität neue Akzente setzen und in der Stromerzeugung auf erneuerbare Energien bauen. Viel Erfolg, wir freuen uns über die Entwicklung im Land.

Und mit einem sehr guten Gefühl setzen wir unsere Reise fort.

Das grünbedachte Kulturzentrum
Viele Kirchen säumen die Stadt und zeigen den Kolonialismus
Das historische Museum der Revolution zu Ehren des Gouverneur Francisco Villa
In diesem Dodge trafen ihn 13 Kugeln am 20.Juli 1923 in Parral
Wir treffen Adriana und Pedro am Acueducto de Chihuahua
Wir dürfen auf ihrem Grundstück stehen und können die Emma pflegen

Eigentlich wollen wir die Stadt Hidalgo del Parral nur streifen, doch dann stecken wir mitten drin im Umzug zu Ehren des Helden Pancho Villa. Also suchen wir uns nach dem zähfließenden Verkehr einen Platz für die Emma und laufen in den Ortskern. Hunderte von Reitern nehmen an einem lautstarken und feuchtfröhlichen Umzug hoch zu Ross teil. Mit hübschen Hemden, Sombreros auf herrlichen Pferden, mit Musikern auf Anhängern und tausenden von Zuschauern am Straßenrand geht es stundenlang durch den Ort Parral. Es ist der Jahrestag des Todes von Pancho Villa, der in ihrer Stadt erschossen wurde und den die Mexikaner jedes Jahr feiern. Da lassen wir einfach nur die Bilder sprechen.

Ausgelassene, feuchtfröhliche Stimmung am Todestag von Pancho Villa
Der Platz und die Straßen sind belebt
Von verschiedenen Wagen schallen mexikanische Klänge
Der Pickup als Zuschauer-Tribüne

Hidalgo del Parral liegt zwischen der Chihuahua Wüste und der Sierra Madre und gehört zu den reichsten Bergbauhütten des Landes. Diese Stadt verhüttete über 350 Jahre lang Blei, Kupfer und Silber. Bis Mitte/ Ende des 19. Jahrhunderts hatte der Silberabbau seinen Höhepunkt. Deshalb entscheiden wir uns, da wir schon mal in der Ortsmitte sind, den Palacio de Alvarado genauer anzuschauen. Es ist das Wohnhaus des Stadtgründers und Minenbesitzers (er besaß 200 Minen) Pedro Alvarado und ist heute ein Museum. Sein Haus ist im Stil der italienischen Renaissance erbaut. Pedro Alvarado reiste gerne und mit seinem Geld investierte er nicht nur in ein Elektrizitätswerk für die Stadt sondern auch in seinen Palast mit Kunst und Handwerk aus der ganzen Welt: Treppen aus italienischem Carrara Marmor, Möbeln aus Wien, Chicago und der ganzen Welt, Säulen im dorischen Stil, Gemälde und Portraits eines deutschen Malers… überall ist sein Reichtum sichtbar. Es ist nur erlaubt den Innenhof zu fotografieren, doch die Beschreibung lässt sicherlich den Prunk erahnen. Nach der Führung im Museum hat sich auch der Umzug aufgelöst und wir können ohne große Verkehrsaufkommen aus der Stadt fahren. Wir übernachten wieder sicher an einem Spielplatz und Freizeitpark in Mariano Matamoros. Der Ort ist sehr gepflegt und die Menschen begrüßen uns alle wieder einmal sehr freundlich.

Palacio de Alvarado
Protz und Reichtum durch Silberminen
Säule im dorischen Stil aus Griechenland nachempfunden
Schuhputzer als gängige Arbeit auf den Straßen (der ältere Herr wollte, dass ich ihm das Bild zeige)

Unser Weg führt uns nun weiter in den Süden Mexikos in einen neuen Bundesstaat Durango. Die mexikanischen Landstraßen sind hier in den Bergen sehr anspruchsvoll. Unvermittelter Wechsel zwischen breiten gut ausgebauten Straßen zu 2,80m Spurbreite mit ausgefranzten Rändern und tiefem Abgrund, dazu übersät mit unzähligen tiefen Löchern auf der Fahrbahn, wir sagen dazu „Negative Topes“. In jeder noch so kleinen Ortschaft sind sie (Querschwellen auf Straßen um langsames Fahren zu erzwingen) reichlich vorhanden und mit nur 10km/h wird die Emma ordentlich durchgeschüttelt. Manchmal sind Warnschilder angebracht oder die „Topes“ farblich hervorgehoben, doch oft sind sie im Grau des Bodenbelags erst in letzter Sekunde zu erkennen. Das ist auch Mexiko! 

Auf der Suche nach einem Übernachtungsplatz gelangen wir in den Ort San Juan del Rio und wieder einmal begegnen wir helfenden Menschen, die uns vorausfahren und den für uns unbekannten Weg nach La Coyotada zeigen. Hier finden wir einen idyllischen großzügigen Platz vor und wieder einmal, ganz zufällig, gelangen wir auf die Spuren des Pancho Villa. Tatsächlich stehen hier sein originales Geburtshaus, eine Gedenkstätte und ein ziemlich neues Museum. Wir sind die ersten deutschen Besucher und werden freudig fotografiert und dokumentiert. Hier dürfen wir stehen bleiben und die Ruhe und kühlen Nächte genießen.

Die Straßen lassen in diesem Zustand nur 20km/h zu
Ein Schweinelaster benötigt beide Spuren um die Kurve zu meistern
Hier wurde Pancho Villa geboren
Er stammt aus sehr einfachen Verhältnissen

Der Wilde Westen ruft/ The Wild West is calling

Einen Abstecher in den Wilden Westen machen wir im Parque Viejo Oeste 12 km nördlich von Durango. In diesen Filmkulissen aus den 1950er- Jahren und älter wurden jahrzehntelang Durango-Filme gedreht, meistens Western. Der strahlend blaue Himmel, das milde Klima  sowie das Fehlen von Starkstromleitungen machen die Gegend als Filmkulisse perfekt. Hier wurde „Auf der Jagd nach dem grünen Diamanten (1984) ebenso gedreht wie „Die Maske des Zorro“ (1997) und Bandits (2005).

Wieder einmal steht uns das Glück zur Seite: Obwohl es laut Reiseführer montags geschlossen sein soll finden wir offene Türen, herrliches Wetter vor, und bekommen eine Vorführung von Laiendarstellern eines Banküberfalls sowie die Genehmigung vom Manager auf dem Parkplatz übernachten zu dürfen.

Die Schauspieler passen mit ihrer Kleidung und Schminke einfach herrlich in die Kulissen und sind für jegliche Fotos zu haben. Die Aufführung ist eine riesen Gaudi, der Ort hat sich mit Mexikanern gefüllt und alle sind vom Schauspiel gebannt. Natürlich geht es zur Sache: Mit Fäusten, Messern, Pistolen und Schießeisen und jede Menge Filmblut siegt das Gute über das Böse. Uns hat jedoch die Tanzeinlage aller Darsteller zusammen am besten gefallen. Zur Musik aus den 80ern von Village People VMCA tanzen sie was das Zeug hält. Auch ein genialer Hüftschwung eines Apachen war absolut filmreif.

Der originelle „Wildwest-Hüftschwung“

Emma braucht wieder Zuwendung/ Emma needs attention again

Seit über 60.000km haben wir ein Sensorproblem oder ähnliches, da uns eine wechselnde Fehlermeldung von „Bremse vorne und hinten verschlissen“ oder „Verschleißgrenze erreicht“ angezeigt wird. Unsere Kontrolle hat allerdings keinen Verschleiß festgestellt. Die Fehlermeldung konnte weggedrückt werden. Doch ein roter Balken im Display der Emma und der Hinweis „Bremsbeläge vollständig verschlissen“ lässt uns in Durango eine Werkstatt aufsuchen. Die Internetrecherche ergibt eine LKW- Werkstatt und wieder einmal sind wir glücklich über den Zufall, eine sehr saubere und freundlich geführte Mercedes LKW Werkstatt vorzufinden. Sie bestätigen uns auch sogleich, dass die rechte hintere Bremstrommel auffallend heiß ist. Wir werden sofort bedient und mit Hilfe unserer Hydraulikstempel und dem Handy für die Verständigung können wir die Bremsbeläge anschauen. Sie müssen definitiv getauscht werden und es werden neue Beläge auf genietet. Das dauert einige Stunden und derweil stellen wir fest, dass die linke Seite noch in sehr gutem Zustand ist. Seltsam, keiner hat zu dieser Situation eine Erklärung. Beim Aufmontieren des linken Reifens verliert Emma das Getriebeöl, kann passieren und wird sogleich behoben. Die neu auf genieteten Bremsbelägen sind allerdings wenige mm zu dick, so dass die Bremstrommel nicht über die Bremsbeläge geschoben werden konnte. Mittlerweile ist es 20.00 Uhr und wir müssen uns ein Hotelzimmer nehmen, da wir nicht in der Werkstatt übernachten dürfen. Hektor organisiert für uns ein Zimmer und bringt uns vor Ort. Am nächsten Tag wird die Trommel um die fehlenden Millimeter ausgedreht, aufgezogen und montiert. Um 16.00 Uhr konnten wir dann endlich wieder starten und hoffen, dass die rechte Seite nun richtig funktioniert. Wir werden jedenfalls öfters „Hand auflegen“ um die Temperatur zu prüfen.

Für die Erholung von Werkstatt-Atmosphäre und Arbeiten zieht es uns für ein paar Tage in den Nationalpark Sierra de Organos. Dieser Park im Bundesstaat Zacatecas mit seinen zum Teil abenteuerlichen Wanderwegen hat seinen Namen von den Felsen, die an die Äste des Orgelkaktus erinnern. Wir erkunden wieder die herrlich grüne Landschaft zu Fuß und entdecken immer wieder neue Blüten und Pflanzen. Überall flattern gelbe und rotbraune Schmetterlinge um unsere Köpfe und wir benötigen sehr viel Geduld, diese kleinen Unruhegeister mal ins Bild zu bekommen. Es tut uns einfach gut in der Natur zu stehen und diesmal muss Andy auch einen kleinen Darminfekt auskurieren.

Der Nationalpark Sierra de Organos
Traumhafte Landschaft
Ein farbiger Stachelleguan
Abenteuerliche Wanderwege mit steilen Abhängen zum Abseilen
Mit herausfordernden Kletterpartien
Jedoch herrliche Ausblicke
Blühende Wiesen dank der Regenzeit
Und tausende von Schmetterlinge flattern um uns herum. Dieser schenkt uns während seiner Mahlzeit dieses Bild!

Städte mit Charme/ Cities with charm

Wir benötigen Lebensmittel und Wasser und darum besuchen wir die Gemeinde Sombrerete, nur 29 km vom Park entfernt. Die Bergbausiedlung ist von allen Seiten von kleinen Bergketten umgeben und ein Teil zählt sogar zum UNESCO-Welterbe. Die Bezeichnung Pueblo Magico ist mittlerweile sehr häufig anzutreffen. Zahlreiche Kirchen sind in der Entstehungszeit vom Barock bis hin zur Neoklassik entstanden. Doppel- und Einturmfassaden wechseln sich ab und alle haben eine belichtete Kuppel. Wir schlendern durch den sympathischen Ort und staunen über die sehr gepflegten Lebensmittelläden und sogar Metzgereien. Da können wir unsere Reserven auffüllen.

Stadtkirche in Sombrerete, seit 2010 UNESCO Welterbe und zählt zu den Pueblos Magicos
Die Türen sind auch für Hunde geöffnet
Schön dekorierte Frucht-und Gemüsestände
Vater und Tochter verkaufen vom Pickup herunter ihre Spitzpaprika
Dieser Einheimische beobachtet das Treiben in der Stadt
Die Franziskanerkirche mit offener Kapelle

Auf dem La Bufa ca. 300m über der Stadt Zacatecas (2440 m) ist es für uns problemlos zu übernachten. Mit kühlen Temperaturen von 12-25 Grad ein genialer Platz. Die Abendstimmung vom Observatorium mit Blick auf die Stadt ist eine Einstimmung auf die Fröhlichkeit die mit den traditionellen Klängen der Volksmusik und den Tänzern zu uns heraufwehen. Wir sehen schon von oben die imposanten Gebäude und entscheiden uns am nächsten Morgen mit der Seilbahn „Teleferico“ ins Zentrum zu fahren. Der Weg zur Seilbahn ist mit Indigenen “Nahuatl“ gesäumt, die ihre Perlen-Kunstwerke verkaufen. Oft ihre einzige Einnahmequelle. Bei einer besonders sympathischen jungen Frau kann ich nicht „Nein„ sagen und entscheide mich für eines von ihren gefertigten Armbänder. Die Fahrt mit dem Blick auf die  Dächer Zacatecas ist herrlich und wir bewundern auch Kunst von oben, denn vereinzelte Dächer sind mit Portraits bemalt. Ein besonderer Kolonialbau ist die dominierende Kathedrale Santo Domingo, die wir bald erreichen. Vor den Kirchenportalen des mexikanischen Barocks teilt ein Straßenverkäufer seine gekühlten Getränke aus, mit seinem Esel als Wanderbude. Herrlich, dieses Straßentreiben zu beobachten. Die Kathedrale ist beeindruckend aus dem zart rosarotem tezontle- Vulkangestein gebaut und wurde 1993 zum Weltkulturerbe ernannt. Wir folgen den Klängen und können die TänzerInnen auf dem Plaza de Armas und vor dem Palacio de Gobierno live beobachten. Wir entdecken viel sehenswertes und Kultur in dem kopfsteinholprigen Gassengewirr auf hügeligem Terrain und gelangen auch an der Basilica de Zacatecas vorbei. In dieser schlichten Kirche (von innen) werden wir vom Pfarrer freudig begrüßt und gesegnet, als er hört, dass wir aus Deutschland kommen. Die Menschen sind wirklich erstaunlich!!! Der Duft einer Bäckerei lockt uns hinein und wir gönnen uns einen kleinen Snack.

Auch das Aquädukt der Stadt hat uns schon von oben beeindruckt und wir steuern dahin. Sie ist wirklich imposant, beeindruckend lang und hoch und ein schöner Park mit Pavillon spendet jede Menge Schatten.

Eine Kirchspitze aus orange-rosarotem Stein leuchtet hinter dem Park hervor und zieht uns an. Wir besuchen die katholische Kirche die „Unserer Lieben Frau von Fatima“ gewidmet ist. Eine junge Kirche, denn der erste Stein wurde 1950 gesetzt und 2000 eingeweiht. Mit den bunten Kirchenfenstern und dem verzierten farbigem Stein aufwendig mit Bruchstein verfugt, hat sie uns sehr angesprochen. Alles in allem eine herrliche Stadt mit Ampeln für Fußgänger, die bei verkürzter Zeit der Straßenüberquerung zum Joggen beginnen. 😉

Ausblick vom La Bufa auf Zacatecas, die Stadt liegt auf 2440m und hat knapp 140.000Einwohner
Bis in den Abend klingen die fröhliche Töne der Volkstänze herauf
Handgefertigte Perlenarbeit der indigenen Bevölkerungsgruppen
Templo de Santo Domingo, Katholische Kirche
Reich geschmückt und mit üppiger Innendekoration
Der Duft aus dieser Bäckerei hat uns hineingelockt
Am Plaza de Armas und Palacio de Gobierno können wir die Volkstänzer beobachten
Das Zacatecas-Aquädukt

Auf dem Rückweg zur Seilbahn kommen wir auch an der Silbermine „Mina El Eden“ vorbei. Eine besondere Empfehlung für diesen Ort. Und wir sind beeindruckt und bestürzt zugleich. Auch wenn wir in einer spanischgeführten Gruppe mitgehen, können wir uns die früheren Arbeitsbedingungen und miserable Ausbeutung der Arbeitskraft von Indigenen Sklaven und deren Kindern wahrhaftig vorstellen. Von 1586 bis 1966 wurden hier verschiedene Metalle abgebaut, von Silber und Gold zu Blei, Zink, Eisen und Kupfer. In den 380 Jahren gab es wenig Schutzvorrichtungen und sehr viele Opfer, die während ihrer Tätigkeit in der Mine täglich verstarben. Grausame Tatsachen, denn der Reichtum ging an die kleine Oberschicht der Kolonisten. Mit dem Zug werden wir aus der Mine wieder ans Tageslicht befördert.

Die Entwicklung der Arbeitsmittel auf einen Blick
Dieser Zug führte uns wieder heraus

Wir wählen einen Abstecher nach Jerez de Garcia Salinas mit seinem historischen Stadtzentrum von 1569. Dieses Mal finden wir einen gedeckten Markt vor mit allem was das Herz begehrt. Von Lederschuhen und Stiefeln zu Fleisch, Gemüse, Obst bis Tontassen (Talaveras) zu Gürteln, Sombreros und Süßwaren, die von Wespen belagert sind. Wir staunen über die Vielfalt und erleben freudige Verkäufer, die uns sogar  zum Fotografieren auffordern.

Die Süßwaren sind auch für Bienen ein Schmaus
Straßenmusikanten sorgen für Unterhaltung
Melonenverkauf am Straßenrand

Eine Zeitreise in der Ruine „Die Verbrannte“/ A journey through time in the ruins of “The Burnt One”

Unsere erste Ruinenbesichtigung in Mexiko beginnen wir in La Quemada, einer relativ unbekannten und wenig besuchten Siedlungsstätte aus dem 4. Jahrhundert. Sie ist 350 nach Christi entstanden und wurde von  verschiedenen Volksgruppen in unterschiedlichen Zeitepochen besiedelt. La Quemada heißt die Verbrannte, denn der Namen beruht daher, da die Siedlung abgebrannt ist und zum Niedergang geführt hat.

Ganz genau ist die Festungsanlage noch nicht erforscht. Bedeutsam ist jedoch das Netz der Straßen in der Umgebung, die miteinander verbunden sind und Ausdruck der Macht und Kontrolle symbolisiert. Wir können die Steinlinien von oben sehr gut erkennen. Oben sind wir nach 75 sehr steilen Stufen (bis zu 50 cm hoch). Sie sind so angebracht wie die Sonne aufgeht und führen hinab wie die Sonnen untergeht. Es ist ein heiliger Raum und wir sehen auch die Opferplätze dieser Stätte. Die Vorstellung des Lebens hier ist spannend und doch sind wir sehr glücklich darüber in einer anderen Zeit ohne Menschenopfer zu leben. Denn die Gebeine, die sie hier gefunden haben zeugen von grauenhaften Ritualen.

Die Fläche besitzt einen großen Säulensaal mit 30 m x 40 m einen Platz für ein großes Ballspiel in der traditionellen „I“ Form und einen Pyramidensockel, der Voltivpyramide genannt wird. Das Ballspiel wurde  jahrhundertelang in Mesoamerika gespielt. Es ist ein Spiel, bei dem sich zwei Mannschaften gegenüberstehen, deren Mitspieler einen Gummiball mit jeglichen Körperteilen schlagen mussten, aber nicht mit ihren Händen. Das Ziel bestand darin, den Ball durch Ringe aus Stein oder Holz einzuführen. Wir stellen fest: Wettspiele haben Menschen schon immer gerne vollführt. Wir verlassen beeindruckt diesen Platz und können vor den Toren übernachten.

Mit diesem geschichtsträchtigen Ort verabschieden wir uns mal wieder bei euch bis wir uns das nächste Mal wieder aus dem Zentrum Mexikos melden. Bleibt gesund und zuversichtlich und genießt den Sommer wo immer ihr seid.

Die eher unbekannten Ruinen von La Quemada, mit Blick auf die Pyramide Votitiva (rechts)
Überdauert hat der Salon de las Columnas, eine Reihe von 1,8m hohen Säulen
Die Südseite mit dem Treppenaufgang
Bis zu 50 cm hohe Treppenstufen führen zu den Tempeln und Opferstätten
Fundstücke aus diesem Ort
Wir sagen mit dieser Vogelperspektive „Adios, hasta luego“ tschüss und bis bald